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«Es war ein atemberaubend schöner Moment»

Der Berner Simon Schuhmacher wird mit seinem einmaligen Landschaftsfoto zum internationalen Monatsgewinner beim CEWE Photo Award. Im Interview erzählt er, warum ihm das Foto so viel bedeutet und wieso die Fotografie für ihn ein Geschenk ist.
«Eisige Nebelgrenze», © Simon Schuhmacher
«Eisige Nebelgrenze», © Simon Schuhmacher

Lieber Herr Schuhmacher, herzlichen Glückwunsch! Ihr Foto wurde aus tausenden Einreichungen aus der ganzen Welt zum Monatsgewinner gekürt. Jetzt möchten wir den Fotograf hinter dem Bild kennenlernen.

Danke! Mein Name ist Simon Schuhmacher und ich wohne mit meiner Frau im schönen Berner Oberland. Ich bin Freelancer im Bereich Grafikdesign und Foto- bzw. Videografie und seit kurzem selbstständiger Fotograf. Die Fotografie ist meine ganz grosse Leidenschaft, insbesondere die Landschaftsfotografie ist meine Passion. Ich verbinde das gerne mit sportlichen Aktivitäten wie Wandern, Schneeschuhtouren, Biken, Snowboarden... eben alles, was die Berge zu bieten haben. Ich liebe es, in den Bergen unterwegs zu sein. Natürlich am liebsten in den Schweizer Alpen, aber auch mal in Österreich, Deutschland, Italien oder Frankreich. Es gibt überall so viel Schönes zu sehen und festzuhalten.

Wie haben Sie reagiert, als Sie erfahren haben, dass Sie zu einem der drei internationalen Monatsgewinner gekürt wurden?

Am Anfang hatte ich noch gar nicht realisiert, was es bedeutet, Monatsgewinner zu sein. Es ist unglaublich, dass ausgerechnet mein Foto beim grössten Fotowettbewerb der Welt zu einem der besten des Monats gekürt wurde. Ich glaube, ich habe es immer noch nicht ganz verinnerlicht. Ich freue mich mega über diesen Erfolg und kann es wirklich kaum glauben. Meiner Frau, meinen Eltern und einigen Kollegen habe ich schon davon erzählt, die haben sich natürlich alle sehr für mich gefreut.

Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Während meiner Ausbildung zum Mediamatiker gab es einen einwöchigen Exkurs von einem Profifotografen. Es war eine Art Workshop, wo wir in das Thema Fotografie eingeführt wurden. Dieses Handwerk hat mich total begeistert und fasziniert. Obwohl es nur eine Woche innerhalb der ganzen Ausbildung war, hat es mich nicht mehr losgelassen. Kurz darauf habe ich mir die erste Spiegelreflex-Kamera gekauft. Das war vor über zehn Jahren. Es hat mich einfach fasziniert, wie kreativ man sein kann. Die Möglichkeiten, Bilder zu kreieren sind grenzenlos. Man ist extrem frei und das hat mich sehr angesprochen.

In der Folge habe ich dann erst einmal Ferienfotos oder Naturaufnahmen beim Wandern gemacht. Ich bin einfach schon immer ein Naturmensch und diese Schönheit einzufangen und die vergänglichen Momente festzuhalten... das fand ich schon immer spannend. Etwa 2020 habe ich begonnen, meine Passion weiterzuentwickeln: Ich habe mir professionelleres Equipment gekauft und möchte mein Hobby jetzt zum Beruf machen. Deshalb habe ich mich etwas breiter aufgestellt und freue mich auf alles, was jetzt kommt.

Portrait des Fotografen, © Simon Schuhmacher
Portrait des Fotografen, © Simon Schuhmacher

Was schätzen Sie an der Landschafts- und Naturfotografie?

In der gleichen Landschaft kann man jeden Tag ein ganz anderes Foto machen: Licht, Wetter, Jahreszeiten, … es wird nie langweilig. Ein Sonnenaufgang sieht nie gleich aus. Ein Grund mehr, öfter rauszugehen und es immer wieder zu probieren. In der Schweiz gibt es so viele schöne Orte und nicht jeder wurde schon fotografisch in Szene gesetzt. Ich möchte noch so viel Schönes entdecken und festhalten. Ausserdem ist es unglaublich entspannend mit der Kamera in der Natur unterwegs zu sein. Selbst wenn man nicht mit dem besten Ergebnis nach Hause kommt, tut es einfach immer gut. Ich finde dort endlose Inspiration.

Gibt es besondere fotografische Highlights, auf die Sie besonders gerne zurückblicken?

Ja, die gibt es immer wieder. Oft ist es eine besondere Stimmung, die ich miterleben darf und die mir lange im Gedächtnis bleibt. Ein Augenblick, in dem zum Beispiel Nebel und Licht miteinander spielen, oder in dem die Sonne besonders schön durch die Wolken bricht.

Ich weiss noch, als ich an meinem Geburtstag im Januar mal am Niederhorn im Berner Oberland war. Kaum war ich oberhalb der Nebelgrenze angekommen, ergab sich eine Abendstimmung, die ich nie mehr vergessen werde. Ich war die einzige Person, welche zu diesem Zeitpunkt noch auf den Berg ging. Was anfänglich nicht sehr vielversprechend aussah, zeigte sich dann aber im letzten Moment mit diesem unglaublichen Spektakel noch von seiner schönsten Seite. Der Ausflug hatte sich mehr als gelohnt, denn diese goldene Sonnenuntergangsstimmung über dem alpinen Nebelmeer ist für mich bis heute eines der schönsten Erlebnisse. Es sind genau diese Stimmungen welchen ich seit diesem wunderbaren Erlebnis hinterherjage.

Wetterspektakel am Niederhorn. © Simon Schuhmacher
Wetterspektakel am Niederhorn. © Simon Schuhmacher

Wie schaffen Sie es, diese Augenblicke zu finden?

Das ist mit viel Geduld und Aufwand verbunden. Möchte man eine besondere Wettersituation einfangen, bedeutet das meistens, das man bei ungemütlichem Wetter los geht. Mit etwas Glück ist man dabei, wenn sich die Wolkendecke irgendwann auflöst. Es freut mich immer sehr, wenn ich so eine Szenerie einfangen kann und später auch andere Leute den Moment dank meinem Foto geniessen können.

Ich gehe oft mehrmals los, um einen Moment einzufangen, in dem verschiedene Komponenten zu einem besonderen Naturschauspiel zusammenkommen. Nicht immer habe ich dabei Glück. Aber wenn es dann klappt, ist das für mich eines der grössten, schönsten Dinge, die es gibt. Ist das einmal geglückt, möchte man immer wieder solche Augenblicke finden. Diese Momente, wo einfach alles passt – die sind unglaublich wertvoll.

Sie fotografieren also viel in unmittelbarer Umgebung?

Meine Frau und ich sind oft hier im Berner Oberland unterwegs, zum Beispiel zum Wandern. Die Kamera habe ich meistens mit dabei, denn man weiss nie, was einem begegnen wird. Manchmal entdecke ich auch Orte, an die ich zu einem späteren Zeitpunkt mit passendem Equipment zurückkehre. Denn gute Fotos erfordern viel Zeit und Geduld, das ist für die Kollegen oder meine Frau dann manchmal nicht so spannend wie für mich (lacht). Mittlerweile mache ich auch mal Foto-Tagestouren in andere Kantone. Orte, die ich immer schon mal sehen wollte oder wo ich mir fotografisches Potential erhoffe.

Wie ist Ihr Foto «Eisige Nebelgrenze» entstanden?

Das war ein megaspannender Moment. Es ist auf dem Bantiger Fernsehturm entstanden, also ausserhalb von Bern, wo ich auch aufgewachsen bin. Der Turm befindet sich auf etwa 1000 Metern Höhe und steht sozusagen am Eingang zum Emmental. Für mich war das schon in meiner Kindheit einer der ersten Aussichtspunkte, die ich geniessen konnte. Ich war also auch in meinen Fotografie-Anfängen ganz oft dort.

Auf diese spezielle Stimmung habe ich sehr lange gewartet. An dem Morgen war ich voller Hoffnung, weil ich am Vorabend gesehen habe, dass ein Nebelmeer entstanden ist. Also bin ich zum Sonnenaufgang hingefahren. Die Bedingungen waren einmalig. Das Besondere war, dass es kein gewöhnlicher Nebel war, sondern ein Eisnebel. Es hatte etwa -15°C, deshalb erschien die Landschaft unten frostig und wirkte durch die Eiskristalle etwas bläulich. Kaum kam die Sonne heraus, zeigte sie gleich ihre Wirkung und veränderte die Landschaft. Das Blau färbte sich langsam in ein warmes Orange. Ein unbeschreiblicher Moment. Ich habe das so seither nie mehr erlebt. Einfach einmalig. Es hat auch gar nicht lang gedauert bis es wieder ganz anders aussah.

Wussten Sie gleich, dass das ein spezielles Foto wird?

Als ich hingefahren bin, habe ich das natürlich gehofft. Ich gehe immer gerne bei Nebel los, weil die Landschaft jedes Mal ganz anders aussieht. Aber wenn es Nebel hat, darf er nicht höher als die Aussichtsplattform sein – und das ist mir oft genug passiert, da sieht man auf einmal gar nichts mehr und kann nichts dagegen tun (lacht). Ich habe also schon beim Hinaufwandern zum Turm gespürt, dass das ein ganz besonderer Moment werden könnte. Deswegen war ich ein bisschen aufgeregt, aber es hat zum Glück alles geklappt.

Was war die Herausforderung bei diesem Foto?

Den Zeitpunkt zu erwischen war die grösste Schwierigkeit. Und dann die Bildkomposition, denn auf der Aussichtsplattform ist man natürlich in der Beweglichkeit eingeschränkt. Und ansonsten die Kälte und der Wind, das hat mir schon zu schaffen gemacht. Ich habe mich immer wieder in den Windschatten des Turms gestellt um meine Finger wieder etwas beweglicher zu machen. Bei den Temperaturen muss man auch auf den Akku achten, der bei Kälte schnell an Leistung verlieren kann. Insgesamt war ich sicher drei Stunden vor Ort, um dieses Naturspektakel zu geniessen und fotografisch festzuhalten. Das war schon ganz schön kalt (lacht).

Es hat sich gelohnt, den Bedingungen zu trotzen und als dieser Moment eintraf hatte ich das Wetter sowieso vergessen und habe mich ganz auf die Schönheit des Augenblicks konzentriert.

Der gleiche Ort (Bantiger, Bern), nur einen Tag später. © Simon Schuhmacher
Der gleiche Ort (Bantiger, Bern), nur einen Tag später. © Simon Schuhmacher

Was gefällt Ihnen selbst an dem Foto am besten?

Ich liebe diese besondere Sonnenaufgangs-Stimmung mit dem Nebelmeer. Der Kontrast aus dem kalten Blau des Eisnebels und dem warmen Orange der Sonne ist wunderschön. Es hat einfach alles gepasst.

Wenn ich das Foto sehe, denke ich an den einzigartigen Moment zurück, aber auch an meine Kindheit. Ich war sicher schon über 100 Mal auf diesem Turm, deshalb assoziiere ich auch meine alte Heimat damit. Umso spezieller ist dieser Moment, auf den ich immer wieder gerne zurückschaue.

Welchen Wert haben Fotos für Sie?

Jedes Foto ist einzigartig und repräsentiert einen vergänglichen Moment. Das macht Fotos für mich sehr wertvoll. Es ist immer besonders, wenn man diese Augenblicke selbst erleben darf, aber mindestens genauso schön, wenn man sie in Fotos mit anderen Menschen teilen kann. Das macht die Fotografie für mich zu einem riesigen Geschenk.

Einige der schönsten Momente möchte ich ausdrucken, da sie für mich immer wieder schöne Erinnerungen hervorrufen. Ich werde zum Beispiel eines als Wandbild für unsere Wohnung bestellen. Das habe ich schon lange vor und jetzt passt es gerade.

Was ist Ihr Tipp für Fotografie-Neulinge?

Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen um die Kamera kennenzulernen. Einstellungen und Funktionen ausprobieren: In welcher Situation passt welche Einstellung? Aus Fehlern lernen und dran bleiben. So steigert man sich kontinuierlich.

Gutes Licht abwarten und ein Verständnis für das Wetter und seine Dynamik entwickeln. Darin liegt viel Potential. Ausserdem nach dem Sonnenuntergang nicht gleich heimgehen, oft kommen dann erst die wirklich tollen Momente.

Vielen Dank für das Interview!

Folgen Sie Simon Schuhmacher auf Instagram @simonschuhmacherphotography und Facebook.
Oder besuchen Sie seine Website: www.simonschuhmacher.com

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