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Interview mit Sebastian Boxleitner

Zwischen Alpstein und New York: Für Sebastian Boxleitner ist die Fotografie Hobby und Passion

Mit seiner einzigartigen Motivvielfalt von Street Fotografie über Architektur und Tiere bis hin zu Portraits hat Sebastian Boxleitner uns neugierig gemacht auf seine Art der Fotografie. Im Interview erzählt der passionierte Hobby-Fotograf von 24 Stunden Foto-Abenteuer in New York und dem Phänomen des «Foto-Klick-Blick».

Lieber Sebastian, schön, dass wir dich kennenlernen dürfen. Stell dich doch kurz vor.

Mein Name ist Sebastian Boxleitner, ich bin verheiratet und habe 2 Töchter. Beruflich bin ich Athletiktrainer, das heisst ich arbeite mit Sportlern daran, dass sie schneller, kräftiger und weniger verletzungsanfällig werden. Ursprünglich komme ich aus Duisburg aber seit über 17 Jahren lebe ich in der Schweiz. Hier war ich zunächst für einige Fussballmannschaften tätig. In diesem Bereich bin ich heute immer noch und durfte in den vergangenen Jahren für einige Nationalmannschaften arbeiten, wie zum Beispiel Island oder Jamaika. Ich bin durch meinen Beruf auf dem ganzen Globus unterwegs.

Portrait Sebastian Boxleitner
Sebastian Boxleitner

Welche Rolle spielt dabei die Fotografie?

Für mich ist die Fotografie ein sehr wichtiger Ausgleich zum Alltagsstress. Ich habe die Kamera immer dabei, wenn ich unterwegs bin. Wenn ich mal 2-3 Stunden nicht auf dem Fussballplatz stehe, schnappe ich mir manchmal an die Kamera. Meistens ist man dann allerdings mit dem Kopf woanders und das ist für mich nicht das Wahre. Für mich soll Fotografie in Ruhe und mit Musse geschehen. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass ich zufriedener bin, wenn ich mir viel Zeit dafür nehme – also zum Beispiel 1-2 Tage dafür dranhänge oder einem Zwischenstopp wie New York mehr Zeit gönne.

New York ist ein Fotoparadies, oder?

Ja, ich bin dort einmal 24 Stunden auf Fotoreise gegangen. Ich glaube, ich habe fast alle Touristenattraktionen abgeklappert und dabei knapp 45 Kilometer zu Fuss zurückgelegt. Das war ein cooles Fotoprojekt und es sind viele spannende Aufnahmen entstanden, die später in einem Buch gelandet sind.

Serie «Red in NYC» von Sebastian Boxleitner Serie «Red in NYC» von Sebastian Boxleitner Serie «Red in NYC» von Sebastian Boxleitner

Welche Fotos von New York gefallen dir besonders gut?

Die Street Serie mit den Essensständen zum Beispiel: Ich fand diese Imbisse schon cool, als ich zum allerersten Mal in New York war. Diese Serie ist entstanden, als ich von Jamaika kam. Ich bin spät abends angekommen, hatte gerade im Hotel eingecheckt und ich hatte einfach Hunger. Diese Stände riechen immer megalecker und sind einfach faszinierend: es bruzzelt, es dampft, die Leute drumherum. Man bekommt so eine Lust darauf. Leider schmecken diese Hot Dogs dann meistens gar nicht so gut, wie man sich das erhofft hatte (lacht).

Fotografisch sind die Essensstände auf jeden Fall ein tolles Motiv.

Es war auch recht herausfordernd, sie fotografisch einzufangen. Ich hatte eine Festbrennweite von 85 Millimetern eingestellt und eine Blende von f/1.8. Die Lichtverhältnisse waren sehr schwierig: es war dunkel, der Imbiss ist aber sehr hell beleuchtet mit vielen Lichtquellen. Man muss sich in so einer Situation gut überlegen, wo man den Fokus ansetzt. Aber bei der Street Fotografie braucht es für mein Gefühl zum Glück keine extreme Schärfe, das macht es dann eben so authentisch – diese Unschärfen, die man drin hat. Das ist Teil der Charakteristik und gehört einfach zu diesem Moment dazu.

Serie «New York Street Food» von Sebastian Boxleitner Serie «New York Street Food» von Sebastian Boxleitner Serie «New York Street Food» von Sebastian Boxleitner

Bei so vielen spannenden Orten bist du seit 17 Jahren der Schweiz treu geblieben. Was liebst du an deiner Wahlheimat Schweiz?

Wir leben in der St. Galler Gegend und geniessen es sehr, dass wir so viel Schönes vor der Haustür haben. Am Bodensee hat man ganz andere Motive und Ansichten als in einer Stadt wie St. Gallen. Wir haben den Alpstein, wo ich ganz viel wandere und gerne mit gemeinsam mit meiner Frau unterwegs bin. Wir brauchen gar nicht weit wegfahren. Fotografisch bewege ich mich auch gerne im Alpstein, der hat einfach so viel zu bieten.

Ist der Alpstein dein Lieblings-Fotospot in der Schweiz?

Das kann man so sagen. Weil er auch so andersartig ist – er hat so viele verschiedene Facetten. Er ist sehr schroff, teilweise auch recht gefährlich, obwohl es in der Schweiz natürlich höhere Gipfel gibt. Beim Fotografieren im Alpstein bin ich am liebsten allein unterwegs, da gehe ich einfach mein Tempo und kann mir so viel Zeit nehmen, wie ich möchte.

Serie «Alpstein» von Sebastian Boxleitner Serie «Alpstein» von Sebastian Boxleitner Serie «Alpstein» von Sebastian Boxleitner

Wie oft bist du auf Fototour?

Ich würde sagen, mindestens ein Tag in der Woche wird mit der Kamera verbracht. Manchmal bin ich auch 5 Tage hintereinander mit der Kamera unterwegs. Es ist für mich eine Passion, die in der Freizeit liegt. Es gab auch mal Anfragen, ob ich nicht professionell fotografieren möchte. Aber wie das so ist: Wenn man das Hobby zum Beruf hat, hat man kein Hobby mehr. Ich weiss nicht, ob ich mir die Fotografie als Ausgleich nehmen lassen würde. Wenn ich das täglich machen würde, würde ich mich vielleicht auch etwas satt sehen.

Warum ist das so ein guter Ausgleich für dich?

Der Ausgleich besteht für mich darin, dass ich einfach Zeit für mich habe und mich mit etwas beschäftige, das mir Freude bereitet. Ich bin viel in der Natur unterwegs und liebe auch die Anonymität der Street Fotografie. Ich kann einfach machen, was ich möchte, kann mir Zeit nehmen, wie ich möchte. Wenn ich bei einem Motiv eine halbe Stunde brauche, stört das keinen und ich habe Freude daran.

Hast du ein Auge für solche fototaugliche Szenen auf den Strassen entwickelt?

Das ist interessant, ja, man kriegt so einen «Kamera-Klick-Blick». Man schaut sich um und denkt: «Mist, jetzt hast du die Kamera nicht dabei» (lacht). Man nimmt Momente bewusster wahr und denkt sich oft: «Das wäre jetzt ein super Bild gewesen».

Das ist für mich das Spannende, wenn man auf den Strassen unterwegs ist: Es ist sehr dynamisch. Wenn man Berge fotografiert, ist es eher eine technische Aufgabe: Wie wähle ich den Bildausschnitt, was für eine Blende nehme ich, wie belichte ich? Das ist Handwerk. Bei Street kommen so viele andere Aspekte dazu: Man muss den Moment erwischen, man muss selbst am richtigen Ort stehen... Es ist ja nicht so, dass das Motiv immer wieder kommt. Es ist für eine Sekunde da und dann ist es eben wieder weg, entweder du erwischst es oder nicht. Das liebe ich daran.

Du legst dich nicht auf ein Genre fest. Hast du trotzdem ein Lieblingsmotiv?

Ich halte das offen und bin da auch sehr sprunghaft. Wenn ich immer nur Berge oder immer nur Menschen fotografieren würde, würde ich mich einfach satt sehen. Ich brauche die Abwechslung.

Es gibt auch Dinge, die ich noch nie richtig ausprobiert habe. Kürzlich habe ich mich zum ersten Mal an der Studiofotografie probiert. Als Models mussten meine Töchter herhalten (lacht). Sie sind 10 und 12 Jahre alt und ich wollte etwas Spassiges mit ihnen machen. Also haben wir kurzerhand den Fön mitgenommen. Das war eine grosse Herausforderung, aber gleichzeitig superlustig. Am Anfang haben wir es überhaupt nicht hinbekommen aber uns dafür kaputtgelacht. Deswegen wirken die einfach natürlich, das war ein echter, authentischer und besonderer Moment.

Serie «Windy Portraits» von Sebastian Boxleitner Serie «Windy Portraits» von Sebastian Boxleitner Serie «Windy Portraits» von Sebastian Boxleitner

Welchen Platz hat die Fotografie bei euch zuhause?

Fotos sind bei uns in der Wohnung sehr präsent, in jeglicher Form. Als Posterdrucke, als Bildbände, als Fotobücher. Das ist zugänglich für alle, die in unsere Wohnung kommen und natürlich auch für die Kids, die sich die Bücher immer schnappen, wenn sie Lust darauf haben.

Gerade was die Kinderfotos angeht, kriege ich alle 3-4 Jahre so einen Rappel und mache dann ein CEWE FOTOBUCH für die Kinder. Die sind schnell gemacht, mit so etwa 150 Fotos drin. Unsere Töchter haben extrem viel Spass daran und finden das so cool, die schauen sie sich immer wieder an. Sie finden es total spannend, die Geschichten dazu zu hören: Wie die Fotos entstanden sind oder was sie zu der Zeit gemacht haben.

Wenn ein CEWE FOTOBUCH ankommt, wie sind die Reaktionen der Familie?

Meine Frau und ich bekommen die Fotobücher erst mal gar nicht zu Gesicht, weil die Kinder sich direkt draufstürzen (lacht). Ich finde die Fotos haben eine ganz andere Wertigkeit, wenn man sie als Buch in der Hand halten kann. Ich würde es bei aller Digitalität nicht missen wollen, ein gutes Foto oder eine Erinnerung auch ausgedruckt zu haben, ob als Posterdruck oder als Buch. Da stecken einfach viele Emotionen drin. Ich kann mir schon vorstellen, wie ich in 20 Jahren als Opa mit Tränen in den Augen auf diese Bilder schaue (lacht).

Welche deiner Fotos würdest du als Lieblingsbilder bezeichnen?

Es gibt eine Amerika-Serie, die mir sehr gut gefällt. Generell sehe ich meine Fotos am liebsten als Serien, nicht als Einzelbilder. Damit kann man die Geschichte dahinter besser erzählen. Meistens plane ich die Themen oder Motive meiner Serien nicht, das ergibt sich einfach. Es gibt zu so vielen Fotos schöne Geschichten. Sicher auch deswegen, weil es eben meine Freizeit ist – damit verbinde ich immer gute Erlebnisse und Erinnerungen.

Amerika-Serie

Von meiner Amerika-Serie gibt es viele Stadtaufnahmen, aber auch viele Fotos von den State Parks. Die Aufnahmen sind sehr in dem Moment entstanden, mit der Lichtgebung und den Schatten, und mit einer ganz alten Kamera. Die Fotos sind für mich mit vielen schönen Erinnerungen an diese Reise verbunden.

Serie «USA» von Sebastian Boxleitner Serie «USA» von Sebastian Boxleitner Serie «USA» von Sebastian Boxleitner

Trinidad-Serie

Als ich in Trinidad war – ich hatte dort gerade einen Trainerkurs gegeben – stand ich irgendwo im Nirgendwo plötzlich vor diesem hochmodernen Gebäude. Es beherbergt eine Sprintbahn für Rennradfahrer. Das war so surreal, die Armut drumherum und dieses Gebäude mittendrin. Nebenan war noch ein ähnliches Gebäude, eine Art Schwimm-Arena. Dort gab es einen Wasserpark, der zu dem Zeitpunkt komplett verlassen war. Da habe ich ein paar Minuten Freizeit genutzt und um einfach mal die Kamera auszupacken und diese Eindrücke festzuhalten.

Serie «Trinidad» von Sebastian Boxleitner Serie «Trinidad» von Sebastian Boxleitner Serie «Trinidad» von Sebastian Boxleitner

Basel-Serie

Die Basel-Serie ist recht spontan entstanden. Wir waren mit den Kindern bei einer Superhelden-Ausstellung und meine Frau fragte mich: «Willst du hier keine Fotos machen?». Daraus haben sich dann diese Fotos ergeben. Bei Architekturfotos mag ich genau solche geometrischen Formen, wenn man erst mal überlegen muss, was man gerade sieht. Der graue Himmel, das graue Gebäude, die Schatten. Da musste ich gar nicht viel bearbeiten.

Serie «Basel» von Sebastian Boxleitner Serie «Basel» von Sebastian Boxleitner Serie «Basel» von Sebastian Boxleitner

Du bist sehr sportlich – reizt dich die Sportfotografie?

Ich könnte sehr viele und coole Bilder im Sport machen, aber das kollidiert mit dem Beruf. Am besten wäre ein Fotograf an meiner Seite, der die Bilder macht, während ich arbeite. Ich durfte mit Spielern wie Messi oder Ronaldo auf dem Platz stehen, aber ich habe nie ein Foto davon (lacht). 

Immerhin fungiere ich gerne als Fotograf, wenn die Kids beim Fussball oder der Leichtathletik sind. Die Fotos bekommt dann das ganze Team und die Trainerinnen, die zum Saisonabschluss immer ein Fotobuch für die Kinder erstellen.

Wie hast du entschieden, welche deiner Bilder du beim CEWE Photo Award einreichst?

Zum Glück kann man bis zu 100 Fotos hochladen (lacht)! Man will immer überlegen, was einer Jury gefallen könnte, aber ich glaube davon sollte man sich lösen. Am Ende habe ich die Bilder für mich gemacht und lade das hoch, was mir persönlich am besten gefällt. Wenn man zu den Gewinnern gehört, ist die Freude riesig, und wenn nicht, hat man ja nichts verloren. Ich habe auch schon wieder Bilder ausgetauscht, weil mir andere doch besser gefallen haben.

Was bedeutet für dich das Motto «Our world is beautiful»?

In der Fotografie hat man so viele schöne Momente. Manchmal fotografiert man auch Alltägliches, gerade in der Architektur- oder Street Fotografie, das man mit der Fotografie aber interessant und lebendig zeigen und zugänglich machen kann. Das Motto ist sehr breit gefächert und man kann so viel einreichen, ohne eingeschränkt zu sein.

Ich mag den CEWE Photo Award sehr, weil jeder mitmachen kann, auch mit Handyfotos.  Da ist einfach alles dabei, ganz viele verschiedene Perspektiven auf die Welt und das macht den Wettbewerb sehr sympathisch und nahbar. Man probiert einfach sein Glück und jedes Foto hat seine Berechtigung.

Serie «Hüttengaudi» von Sebastian Boxleitner Serie «Hüttengaudi» von Sebastian Boxleitner Serie «Hüttengaudi» von Sebastian Boxleitner

Hast du Ratschläge für Fotografie Anfänger?

Ausprobieren. Es kommt mit der Zeit. Klar macht man erst mal nur JPGs, bevor man sich an RAW und ans Bearbeiten wagt. Es braucht einfach seine Zeit, bis man seinen Stil, seine Richtung gefunden hat. Ich plädiere dafür, nicht voreilig zu löschen, sondern zu archivieren. Man findet manchmal wirklich Schätze, aus denen man vielleicht mit neuerem Know-How, gerade in der Bildbearbeitung, sogar noch mehr herausholen kann.

Ich habe beispielsweise zehn Fotos gemacht und zwischendrin einfach die Einstellungen verändert. Dann schaut man, wie sich das auswirkt. Aus Fehlern lernt man bei der Fotografie sehr viel. Angefangen mit der Blendenautomatik und Verschlussautomatik wechselt man irgendwann in den manuellen Modus, auch was den Autofokus angeht. Man tastet sich langsam heran und findet unterwegs seinen eigenen Stil.

Wie intensiv hast du dieses Ausprobieren betrieben? Wie sah deine Lernkurve aus?

Sehr unterschiedlich: Es gibt mal eine Woche, da hat man einfach Lust alles auszuprobieren. In den nächsten Wochen möchte man dafür lieber einfach nur fotografieren und uns sich nicht zu sehr hinterfragen. Da lernt man auch, aber eben anders.

Ich denke als Hobbyfotograf macht man viel mehr richtig, als man glaubt. Man sieht sich die Fotos an und denkt: «Das lösche ich, das ist nicht gut». Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es besser ist, die Fotos eine Weile liegen zu lassen – eine Woche, einen Monat. Wenn ich dann wieder draufschaue, finde ich manchmal Fotos, die mich positiv überraschen. Ich lösche keine Fotos mehr direkt auf dem Display der Kamera. Mit etwas Abstand hat man ein etwas neutraleres Auge und ist nicht so voreingenommen.

Danke für das Interview!

Folgen Sie Sebastian Boxleitner auf Instagram: @boxigraphy_bxl

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